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Neue Entscheidung des EuGH zur Urheberentschädigung für die Fertigung einer Privatkopie

von STEN RIEPER

 

EuGH C-435/12, Urteil vom 10.04.2014

 

Der Europäische Gerichtshof hatte am 10.04.2014 u.a. über die Auslegung von Art. 5 Abs. 2 b und Abs. 5 der Urheberrechtsrichtlinie (2001/29/EG) zu entscheiden.

 

Art. 5 Abs. 2 b und Abs. 5 regeln Ausnahmen und Beschränkungen des urheberrechtlichen Vervielfäligungsrechts aus Art. 2 der Urheberrechtsrichtlinie.

 

Nach Art. 5 Abs. 2 b der Urheberrechtsrichtlinie können die Mitgliedstaaten eine Ausnahme von dem ausschließlichen Vervielfältigungsrecht des Urhebers an seinem Werk dann vorsehen, wenn Vervielfältigungen auf beliebigen Trägern durch eine natürliche Person zum privaten Gebrauch und weder für direkte noch indirekte kommerzielle Zwecke betroffen sind (sog. "Privatkopieausnahme").

 

Diese sogenannte Privatkopieausnahme gilt nach Ansicht des EuGH dann nicht, wenn Privatkopien auf der Grundlage einer unrechtmäßigen Quelle angefertigt werden.

 

Eine nationale Ausnahmeregelung von dem ausschließlichen Vervielfältigungsrecht des Urhebers ist den Mitgliedstaaten also nur dann gestattet, wenn diese Ausnahmeregelung zwischen Privatkopien, angefertigt von rechtmäßigen und unrechtmäßigen Quellen, unterscheidet. Rechtsvorschriften die eine solche Privatkopieausnahme regeln, aber eine solche Unterscheidung nicht treffen, sind also nicht mit Unionsrecht vereinbar.

 

Ein von einem Mitgliedstaat zum angemessenen Ausgleich zwischen den Rechten und Interessen der Urheber und den Nutzern eingeführtes Vergütungssystem (hier eine vom Hersteller oder Importeur zu zahlende Abgabe auf Vervielfältigungsträger in den Niederlanden), welches nicht zwischen Privatkopien von rechtmäßigen und unrechtmäßigen Quellen unterscheidet, trägt nach Ansicht des EuGH nicht zu einem angemessenen Ausgleich bei und ist folglich ebenfalls nicht mit Unionsrecht vereinbar.

 

Unter Berücksichtigung des Urteils des EuGH C-462/09 vom 16.06.2011, wonach Schuldner des Ausgleichs für die Privatkopie von einer rechtmäßigen Quelle grundsätzlich der Endnutzer ist, es den Mitgliedstaaten jedoch freigestellt wurde, ein Vergütungssystem zulasten der Zurverfügungsteller von Vervielfältigungsträgern zur Verfügung zu stellen, dürfte nun die Frage im Raum stehen, wie ein nationales Vergütungssystem aussehen könnte, dass nur die Urheberentschädigung für Privatkopien von rechtmäßigen Quellen berücksichtigt. Hinsichtlich der Kopien von unrechtmäßigen Quellen dürfte nun das Individuum, sei es auf der einen Seite der Urheber und auf der anderen Seite der urheberrechtsverletzende Endnutzer, wieder stärker in den Fokus rücken. Dies naturgemäß mit all seinen Vor- und Nachteilen.