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"Tatsächliche" Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds

 

von STEN RIEPER, Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

 

„Tatsächliche“ Verhinderung eines Betriebsratsmitglieds

 

Ein Mitglied des Betriebsrates kann zeitweilig verhindert sein, sein Amt als Betriebsrat auszuüben, sprich das Mitglied des Betriebsrats kann sich vorübergehend nicht in der Lage sehen, sein Amt auszuüben. In einem solchen Fall rückt dann ein Ersatzmitglied in das Gremium nach. Bei den Gründen für eine solche Verhinderung wird zwischen „rechtlichen“ und „tatsächlichen“ Gründen unterschieden. Nachstehend möchte ich auf die „tatsächlichen“ Gründe bzw. die „tatsächliche“ Verhinderung näher eingehen.

 

Von einer Verhinderung aus tatsächlichen Gründen spricht man, wenn das Mitglied sich beispielsweise wegen Urlaubs nicht in der Lage sieht sein Amt vorübergehend auszuüben.

 

Potentielle Gründe für eine tatsächliche Verhinderung sind beispielsweise:

 

- Urlaub

- Dienstreise

- Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung

- Während des Rechtsstreits über eine Kündigung des Betriebsratsmitglieds

- Krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit

- Elternzeit

- Unabkömmlichkeit des Betriebsratsmitglieds in seiner Stellung als Arbeitnehmer

 

Der Umstand, dass potentiell ein Grund für eine tatsächliche Verhinderung vorliegt, bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass das Betriebsratsmitglied auch verhindert ist. In vielen Fällen ist dies zwar der Fall. Entschieden werden muss dies jedoch jeweils nach den Umständen des Einzelfalles.

 

Zu unterscheiden ist hier zwischen potentiellen Verhinderungsgründen bei deren Vorliegen auch ohne besondere Anhaltspunkte (zunächst) allein wegen des Vorliegens des potentiellen Grundes von einem Verhinderungsgrund ausgegangen werden kann (Urlaub, krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit) und solchen potentiellen Verhinderungsgründen bei deren Vorliegen nicht ohne besondere Anhaltspunkte allein wegen des Vorliegens des potentiellen Grundes von einem Verhinderungsgrund ausgegangen werden kann (Elternzeit, Dienstreise, Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung).

 

In den Fällen der Annahme einer Verhinderung ohne besondere Anhaltspunkte allein wegen des Vorliegens des potentiellen Grundes, kann, wenn keine eindeutigen gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, grundsätzlich von einer zeitweiligen Verhinderung ausgegangen werden. Hat ein Betriebsratsmitglied dagegen ausdrücklich seine Bereitschaft angezeigt, trotz Vorliegens eines dieser Gründe für die Betriebsratstätigkeit zur Verfügung zu stehen, liegt keine Verhinderung vor.

 

In den Fällen der Annahme einer Verhinderung nicht ohne besondere Anhaltspunkte allein wegen des Vorliegens des potentiellen Grundes, kann nur dann, wenn besondere Anhaltspunkte vorliegen, von einer zeitweiligen Verhinderung ausgegangen werden. Hat ein Betriebsratsmitglied trotz Vorliegen des potentiellen Verhinderungsgrunds nicht ausdrücklich seine Verhinderung angezeigt, liegt auch keine Verhinderung vor.

 

Wenn sich ein Betriebsratsmitglied aber beispielsweise auf einer Dienstreise im Ausland befindet, hat das Mitglied auch das Kosteninteresse des Arbeitgebers zu bedenken, beispielsweise wenn das Mitglied an einer Sitzung des Betriebsrats teilnehmen möchte.

 

Ein Vertretungsfall darf zwar nicht gezielt herbeigeführt werden. Im Kollisionsfall entscheidet jedoch das jeweilige Betriebsratsmitglied selbst darüber, welcher seiner Pflichten es den Vorrang gibt. Nur wenn Anhaltspunkte für eine pflichtwidrige Entscheidung des jeweiligen Betriebsratsmitglieds vorliegen, kann Veranlassung bestehen, den angegebenen Hinderungsgrund nachzuprüfen und gegebenenfalls auf die Ladung eines Ersatzmitgliedes zu verzichten.

 

Die Heranziehung zu Aufgaben des Betriebsrats außerhalb der persönlichen Arbeitszeit stellt grundsätzlich keinen Verhinderungsgrund dar.

 

Ein vom Arbeitgeber angeordnete Freistellung von arbeitsvertraglichen Pflichten und ein daraufhin erteiltes Hausverbot lassen die Rechtsstellung des Betriebsratsmitglieds unberührt und begründen somit keine Verhinderung.

 

 

Sten Rieper

Fachanwalt für Arbeitsrecht